Tulln

Bei Reisen in Österreich würde man Tulln nicht als direktes Ziel wählen. Wer hat von der kleinen Stadt an der Donau schon gehört? Dabei steckt sie doch voller Sehenswürdigkeiten, die bei einer Rundreise durch Niederösterreich einen Abstecher rechtfertigen. Der Kenner der "Österreichischen Moderne" kennt zwar ihren Namen als Geburtsort von Egon Schiele. Mit dessen Werk hat sie, anders als Krumau, der Heimat seiner Mutter, nichts gemein - Geburtshaus und Museum hin oder her.
In Tulln findet man einen Höhepunkt der Spätromanik in Österreich, das Beinhaus bei der Stadtpfarre St. Stephan. Hier müssten die Glocken läuten. St. Stephan der Patron des Passauer Doms und der Patron des einstigen Suffraganbistums Wien. Die überragende Qualität der Architektur und der Steinmetzarbeit verbindet direkt mit dem etwa gleichzeitig entstandenen Riesentor des Wiener Steffls. Man vermutet einen Zusammenhang mit dem Besuch Kaiser Friedrichs II. beim letzten Babenberger, Friedrich dem Streitbaren (gefallen 1246).
Die sehr stark restaurierten Fresken in der "Dreikönigskapelle" sind sehenswert. Der Ruhm gebührt aber dem Portal, das direkt neben die etwas jüngeren Domportale von Bamberg (um 1230), das erwähnte Riesentor in Wien (um 1240) und die Portalzone von St. Georg In Jak bei Steinamanger (Westungarn, um 1245) gestellt werden muss.